Die jüngste Waffenruhe in Syrien gibt Anlass zur Hoffnung. Ob und wie lange sie hält, hängt wie auch die allgemeinen Aussichten auf eine friedliche Beilegung des Konflikts allerdings davon ab, wie weit der Einfluss der dahinterstehenden Großmächte reicht. Überschätzen sollte man ihn jedenfalls nicht.
Syrien weist seit jeher Elemente eines klassischen Stellvertreterkrieges auf. Hinter den verschiedenen Beteiligten, von Assads Truppen bis zu den unterschiedlichen lose als „Rebellen“ bezeichneten Gruppen stehen nicht zuletzt geopolitische Interessen regionaler und überregionaler Akteure. Wie weit deren Einfluss letztlich reicht, oder ob nicht eher die unterschiedlichen Gruppen vor Ort am längeren Ast sitzen, ist allerdings bis heute unklar.
Unser Denken über Stellvertreterkriege geht über weite Strecken auf den Kalten Krieg zurück. Sie sind Ersatzhandlungen, wenn direkte militärische Konfrontationen zu kostspielig wären. Allgemein gilt die Annahme, dass die lokalen Kombattanten gewissermaßen als verlängerter Arm der Großmächte auftreten und sich dementsprechend nach ihnen richten (müssen). Allerdings kann auch Gegenteiliges der Fall sein: Wenn eine Großmacht nicht selbst und direkt „boots on the ground“ entsenden möchte, ist sie auf ihre Stellvertreter angewiesen. Daher können sie die größeren geopolitische Interessen (Sunniten-Schiiten, USA-Russland) der Power Player auch für sich instrumentalisieren, obwohl sie selbst von gänzlich anderen bestimmt sind: In Syrien geht es den meisten Kämpfern anscheinend weniger um das regionale Mächtegleichgewicht denn um kleinräumige, familiäre oder gar persönliche Dispute.
Lassen sich Stellvertreterkriege durch einen Schulterschluss der Unterstützer beilegen? Nicht unbedingt, zumal Konflikte auch ohne nennenswerte Beteiligung von außen weiter dahindümpeln können.
Vielmehr enden sie durch einen „Sieg“ einer Seite oder einen genuinen Friedensvertrag, der jedoch, um Vertrauen aufzubauen, eine längere Vorlaufzeit in Form von kleineren Waffenstillständen benötigen wird. Wir könnten insofern am Anfang eines Friedensprozesses stehen. Angesichts der einander immer noch unversöhnlich gegenüberstehenden Interessen der regionalen und eben vor allem lokalen Akteure leuchtet der Hoffnungsschimmer derzeit allerdings noch sehr verhalten.