Wo sind die Mentoren hin?

Ausbildung fertig – und nun?

Ab und an höre ich von ehemaligen Studierenden, dass sie ihr Studium beendet haben (an dieser Stelle ein Dank für Rückmeldungen zu meinen Lehrveranstaltungen, Feedback ist immer hilfreich/interessant/wertvoll!). Und sich die Frage stellen, wo die Reise hingehen soll. Eine Frage, die wir uns wohl alle stellen. Mal mehr, mal weniger. Mal weniger intensiv, mal intensiver. Direkt nach dem Studium wohl eher intensiver.

Zwischen Lebenskorsett und Limbus

Es soll hier keine Generationen-Bestandsaufnahme folgen. Eine beschränkte Diagnose vielleicht. Die auch nicht über vage Thesen hinausgeht.

Wohin geht es? Für viele scheint der Weg nur bis in die Mitt-Zwanziger einigermaßen klar: Auf das Lebenskorsett Schulen folgt das Ziel, ein Studium abzuschließen. Wobei schon die Studienwahl schwerfällt. Oszillieren zwischen „es bringt nichts, etwas zu studieren, das einem keinen Spaß macht“ und der Bestrebung, später eine einigermaßen „gute“ Anstellung zu finden.

Studium als Selbstzweck?

Das Studium kann dabei zum Selbstzweck werden. Hanteln von Prüfung zu Prüfung, Kurs zu Kurs, Seminar zu Seminar. Individualisierte Viermonatspläne mit eigens zusammengestellten Stundenplänen.

Und dann ist es irgendwann vorbei. Irgendwann ist die letzte verpflichtende Lehrveranstaltung zu Ende, die letzte Prüfung geschrieben, die letzten Fragen beantwortet, die Diplomarbeit geschrieben.

Manchmal gibt es eine Schonfrist. Ein neuer Job beginnt nicht gleich, vielleicht wartet noch eine kurze Abkühlungsphase, ideal im Sommer. Zeit im Karriere-Limbus, denn es dominiert die Frage nach dem danach. Worauf hat man hingearbeitet, hinstudiert? Wo soll es hingehen?

Mentoren gesucht

90erkids werden sich vielleicht noch an den Text von Mary Schmich (und nicht Buz Luhrmann oder Kurt Vonnegut) „Everybody’s Free to Wear Sunscreen“ erinnern:

Don’t feel guilty if you don’t know what you want to do with your life…
the most interesting people I know didn’t know at 22 what they wanted to do with their lives
some of the most interesting 40 year olds I know still don’t

Ein Motiv taucht dabei immer wieder auf: Die Suche oder zumindest die versteckte Sehnsucht nach einem Mentor. Also einem „erfahrenen Berater“, wie es der Duden ausdrückt. Vielleicht sogar einem allwissenden. Der (oder die, selbstredend) weiß, was einem gut tut. Wo es hingehen soll. Der die Last der schweren beruflichen Lebensfrage abnimmt. Der mehr zu bieten hat als „einfach probieren“ oder „der Weg ist das Ziel.“ Die Biographien großer Männer und Frauen sind kreisen gerne um Erzählungen von entscheidenden und richtungsweisenden Begegnungen mit anderen großen oder auch kleineren Menschen.

Eine Sehnsucht, mit der sich Bücher verkaufen lassen (fragen Sie mal Robert Greene) oder ein Auslangen als Lebenscoach ermöglicht. Aber eine Sehnsucht, die letztlich unbefriedigt bleibt, weil sie unbefriedigt bleiben muss. Im Bazar der Lebensratschläge gibt es selten mehr als gut gemeinte Allgemeinplätze. Kein Raum für zugeschnittene Antworten. Zumal Karrieren heute anders verlaufen als früher. Wie, lässt sich ohnehin nicht sagen. Die Mentorenkultur, sollte es sie in der Tat einmal in der Form gegeben, wie sie in Biographien vermittelt wird, scheint es jedenfalls nicht mehr zu geben.

 

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