Peter Handke hat 2019 den Literatur-Noblepreis bekommen. Damals wurde bekannt, dass er von Slobodan Milošević einen jugoslawischen Pass bekommen hatte, um leichter reisen zu können. Was für Aufsehen gesorgt hat, weil das österreichische Staatsbürgerschaftsgesetz einen ex lege (also automatischen) Entzug der Staatsbürgerschaft vorsieht, wenn jemand „auf Grund seiner ausdrücklichen Zustimmung eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt“ (§ 27).
Pardauz, haben „wir“ am Ende also gar keinen Literaturnobelpreis bekommen? Nun, die Saga ist jetzt an ihr Ende gekommen, laut Kärntner Landesregierung hat Handke seine österreichische Staatsbürgerschaft nicht verloren, weil er in Jugoslawien keinen Antrag auf Erteilung der Staatsbürgerschaft gestellt hatte. Handke selbst hat stets bestritten, jugoslawischer Staatsbürger zu sein. Auf seinem jugoslawischen Pass (Bild hier) stand wiederum eindeutig „Nationality: Yugoslav“, er wurde in der Botschaft in Wien ausgestellt. Die genauen Umstände bleiben ungeklärt.
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Rechtlich ist die Sache klar und irgendwie auch nicht. Laut Verwaltungsgerichtshof (danke für den Hinweis, auch an Peter Bußjäger) tritt der Verlust der Staatsbürgerschaft nur ein, wenn jemand
eine auf den Erwerb der fremden Staatsbürgerschaft gerichtete – „positive“ – Willenserklärung abgibt … Eine primär auf ein anderes Ziel gerichtete Willenserklärung (zB. Antritt eines Lehramtes an einer ausländischen Hochschule, Eheschließung) bewirkt nicht den Verlust der Staatsbürgerschaft, auch wenn dem Betroffenen bekannt ist, dass damit der Erwerb der fremden Staatsbürgerschaft verbunden ist…
Quelle
Eine solche Willsenserklärung von Handke, mag sie auch formlos eingegangen sein, soll es also nie gegeben haben; und selbst wenn, lässt es sich nicht (mehr) beweisen. Die serbischen Behörden (Serbien ist rechtlich ident mit dem damaligen Jugoslawien, das wiederum nicht mit dem Vorkriegs-Jugoslawien ident ist, siehe hier) haben die Auskunft unter Berufung auf die Vertraulichkeit der Akten verweigert. Allem Anschein nach hat sich die damalige Regierung unter Milošević bei der Ausstellung eines Passes für Handke nicht ans eigene Staatsbürgerschaftsrecht und die damit einergehenden Verfahrensregeln gehalten (siehe diesen lesenswerten Beitrag dazu).
Die Sache ist damit abgeschlossen, der fahle Beigeschmack bleibt: Bei mutmaßlichen (unerlaubten) österreichisch-türkischen Doppelstaatsbürgern ist man hierzulande ungleich strenger. Vielleicht sollte man sich fragen, ob man das Staatsbürgerschaftsrecht nicht vielleicht doch reformieren will.
Quellen:
https://theintercept.com/2019/11/06/nobel-prize-literature-peter-handke-yugoslavia-passport/