USA: Aus- und Wiedereintritt zum Pariser Klima-Übereinkommen

Zeit für Nerdwissen! Es ist etwas untergegangen, aber die USA sind unter Donald Trump am 5. November aus dem Pariser Klima-Abkommen ausgetreten. [Update] Joe Biden hat diesen Schritt gleich nach Amtsantritt rückgängig gemacht [/Update]. Warum das geht, dennoch problematisch ist und was das mit IS-Kämpfern und Doppelstaatsbürgern zu tun hat erkläre ich hier.

Die US-Wahlen 2020 waren auch ein Kampf ums Klima. Trump steht für fossile Energien, Biden für einen Kurswechsel. Das zeigt sich auch beim Pariser Klimaabkommen, aus dem die USA unter Trump ausgestiegen sind.

Das war recht einfach, weil Obama per „executive order“ beigetreten ist, er hat damals also ohne den Congress gehandelt (zur Role des Senats bei internationalen Verträgen siehe hier). Wie man sich denken kann, hat das schon damals für viel Kritik gesorgt, war aber verfassungsrechtlich in Ordnung (zumal der Vertrag großteils nicht-verbindliche Regeln beinhaltet).

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Wie dem auch sei, Biden kann als US-Präsident dem Pariser Klima-Übereinkommen relativ einfach wieder beitreten. Was er auch unmittelbar nach dem offiziellen Austritt angekündigt hat:

[Update] Biden hat dieses Versprechen unmittelbar nach seiner Angelobung auch sogleich umgesetzt, der Wiedereintritt ins Pariser Klima-Abkommen war eines der ersten drei Executive Order. [/Update]

Die USA werden damit gerade einmal 77 Tage ferngeblieben sein. Die Signalwirkung für ihre Verlässlichkeit als Vertragspartner ist schon jetzt fatal. Je nachdem, wer die Präsidentschaftswahl gewinnt, muss man sich bei jedem Abkommen, dem sie durch eine sogenannte Executive Order beigetreten sind (schätzungsweise 5-10%), fragen, ob sie auch bleiben. Länder, die ihre Mitgliedschaft in internationalen Verträgen verfassungsrechtlich per parlamentarischer Mehrheit „absichern“ sind jedenfalls verlässlichere Vertragspartner.

Übrigens: 77 Tage Fernbleiben von einem völkerrechtlichen Vertrag sind kurz, aber es geht noch kürzer: Den dahingehenden „Rekord“ halten aber Trinidad and Tobago sowie Guyana, die 1998/99 an ein und demselben Tag aus dem ersten Zusatzprotokoll zum Pakt über bürgerliche und zivile Grundrechte aus- und wiedereingetreten sind (dieser Vertrag sieht für Einzelpersonen eine Beschwerdemöglichkeit beim UN-Menschenrechtskommittee vor). Das war notwendig, weil sie Anträge von Menschen ausnehmen wollten, die mit dem Tod bestraft werden sollen:

… Trinidad and Tobago re-accedes to the Optional Protocol to the International Covenant on Civil and Political Rights with a Reservation to article 1 thereof to the effect that the Human Rights Committee shall not be competent to receive and consider communications relating to any prisoner who is under sentence of death in respect of any matter relating to his prosecution, his detention, his trial, his conviction, his sentence or the carrying out of the death sentence on him and any matter connected therewith. …

Ein solcher neuer Vorbehalt ist nicht möglich, solange man Vertragspartei ist, sondern muss zum Zeitpunkt des Eintritts bekannt gegeben werden:

On 5 January 1999, the Government of Guyana notified the Secretary-General that it had decided to denounce the said Optional Protocol with effect from 5 April 1999.  On that same date, the Government of Guyana re-acceded to the Optional Protocol with a reservation.

Link

The Government of Trinidad and Tobago acceded to the Optional Protocol on 14 November 1980. On 26 May 1998 the Government of Trinidad and Tobago informed the Secretary-General of its decision to denounce the Optional Protocol with effect from 26 August 1998. On 26 August 1998, the Government of Trinidad and Tobago re-acceded to the Optional Protocol with a reservation. On 27 March 2000, the Government of Trinidad and Tobago notified the Secretary-General that it had decided to denounce the Optional Protocol for the second time with effect from 27 June 2000.

Link

Eine Reihe von Staaten hätte mit diesen Vorbehalten übrigens ihre Probleme, weil sie damit den Zweck des Zusatzprotokolls unterlaufen sahen. Beispielhaft sei etwa der Protest von Frankreich zitiert:

[…] While article 12, paragraph 1, of the Protocol provides that any State Party may denounce the Protocol „at any time“ and that the denunciation shall take effect „three months after the date of receipt of the notification by the Secretary-General“, the denunciation of the Protocol may in no case be used by a State Party for the sole purpose of formulating reservations to that instrument after having signed, ratified or acceded to it.  Such a practice would undermine international commitments by constituting a form of misuse of procedure, would be manifestly contrary to the principle of good faith prevailing in international law and would contravene the rule of pacta sunt servanda.  The means used (denunciation and accession on the same day to the same instrument, but with a reservation) cannot but prompt a negative reaction, irrespective of the doubts which may arise as to the compatibility of this reservation with the goal and purpose of the treaty. Consequently, the Government of the French Republic expresses its disapproval of the reservation formulated by Trinidad and Tobago.

Auch Österreich hat, leise aber doch, vor einigen Jahren ein ähnliches Vorgehen angedacht: im Zusammenhang mit einer möglichen Ausbürgerung von IS-Kämpfern. Sofern sie keine Doppelstaatsbürgerschaften hatten, wären dazu neue Vorbehalt zu den einschlägigen Übereinkommen zur Staatenlosigkeit notwendig gewesen. Letztlich ist es dazu aber nicht gekommen. Mal sehen, ob diese Debatte jetzt wieder aufkeimt.

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