Zwei ad hoc-Gedanken zum Referendum in Katalonien und zur Polizeigewalt.
1.) Könnte das der Beginn einer Spirale sein. Die spanische Regierung kann sich im Umkehrschluss auf Artikel 155 der Verfassung berufen und Katalonien zur Einhaltung der „von der Verfassung oder anderen Gesetzen“ zwingen (gegebenenfalls mit Gewalt). Wenn die Menschen in Katalonien merken, dass sie nicht unabhängig sein dürfen und massiv gegen derartige Bestrebungen vorgegangen wird, wollen sie es allerdings umso mehr. Wer weiß, wie die Sache ausgegangen wäre, wenn man das Referendum einfach zugelassen hätte. Es geht hier weniger um eine Abspaltung als darum, grundsätzlich darüber entscheiden zu dürfen, ob man bei Spanien verbleiben will.
Art. 155. (1) Wenn eine Autonome Gemeinschaft die ihr von der Verfassung oder anderen Gesetzen auferlegten Verpflichtungen nicht erfüllt oder so handelt, daß ihr Verhalten einen schweren Verstoß gegen die allgemeinen Interessen Spaniens darstellt, so kann die Regierung nach vorheriger Aufforderung an den Präsidenten der Autonomen Gemeinschaft und, im Falle von deren Nichtbefolgung, mit der Billigung der absoluten Mehrheit des Senats die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um die Gemeinschaft zur zwangsweisen Erfüllung dieser Verpflichtungen anzuhalten oder um das erwähnte Interesse der Allgemeinheit zu schützen.
(2) Zur Durchführung der in Absatz 1 vorgesehenen Maßnahmen kann die Regierung allen Behörden der Autonomen Gemeinschaften Weisungen erteilen.
2.) Lässt die Gewalt einen an Artikel 7(2) EU-Vertrag denken: „eine schwerwiegende und anhaltende Verletzung der in Artikel 2 genannten Werte“, also die Einhaltung der Menschenrechte, Demokratie oder die Menschenwürde. Sofern eine solche vorliegt, könnte die EU Spanien beispielsweise die Stimmrechte entziehen. Das ist natürlich wenig realistisch: Einerseits würde es dafür Einstimmigkeit brauchen. Andererseits hat die EU sich bislang darauf festgelegt, die Causa als interne Angelegenheit Spaniens zu betrachten.