Donald Trump will die israelische Souveränität über die Golanhöhen anerkennen. Annexionen sind verboten, ihre Anerkennung ebenso. Die US-Position zur Krim wird damit weniger glaubhaft. Allenfalls ließe sich argumentieren, dass es sich um keine Annexion – und auch nicht um die Anerkennung einer solchen – handelt, sondern um eine bloße Anerkennung der faktischen Gebietshoheit. Das wäre ein juristisch eher unbedeutender Schritt, der allerdings immer noch politische Sprengkraft besitzt.
Es sei an der Zeit, die israelische Souveränität über die Golanhöhen anzuerkennen, gab Donald Trump vor wenigen Tagen via Twitter bekannt – ein politisch sensibles, rechtlich aber eigentlich klar geregeltes Thema. Eigentlich.
In my speech at #AIPAC2019 I thanked @realDonaldTrump for supporting Israel. Thank you for recognizing Israeli sovereignty over the Golan Heights, for the brave decision to withdraw from the nuclear agreement with Iran and for relocating the Embassy to Jerusalem! pic.twitter.com/na1BBP26jo
— ישראל כ”ץ Israel Katz (@Israel_katz) 24. März 2019
Zurück zum Ursprung: der 6-Tage-Krieg 1967
Der Status der Golanhöhen hängt untrennbar mit dem 6-Tage-Krieg 1967 zusammen. Allgemein wird hier davon ausgegangen, dass Israel sich gegen einen unmittelbar bevorstehenden Angriff seiner arabischen Nachbarn verteidigte (siehe aber das von John Quigley auf vor Kurzem veröffentlichte Materialien gestützte Argument, dass diese Sichtweise bestreitet). Israel konnte damals binnen kürzester Zeit den zuvor von Ägypten verwalteten Gazastreifen und die Sinai-Halbinsel, die syrischen Golanhöhen und die von Jordanien verwaltete Westbank unter seine Kontrolle bringen – drei Mal so große Gebiete wie Israel selbst.
Westbank und Gaza
Seitdem hat sich viel getan. Israel hat Ägypten den Sinai zurückgegeben, die Westbank wird von den Palästinensern seit Oslo (mit)verwaltet – Arafat und die PLO hatten im Gegenzug Israels Existenzrecht anerkannt – und 2005 folgte die Räumung des Gaza-Streifens. In beiden Gebieten gilt Israel nur noch als teilweise Besatzungsmacht, die Bestimmungen der 4. Genfer Konvention (die Besatzungen regelt) sind daher nicht zur Gänze anzuwenden.
Die Golanhöhen sind syrisches Staatsgebiet
Bei den Golanhöhen gibt im Gegensatz zur Westbank und dem Gazstreifen einen Staat, dem sie gehören – Syrien. Sie sind von massiver strategischer Bedeutung, weswegen Israel, nicht zuletzt aus Sorge vor späteren Angriffen Syriens, das Land nie zurückgab. Im Gegenteil, 1981 erfolgte die Einverleibung: per Gesetz wurde festgeschrieben, dass „das Recht, die Zuständigkeit und Verwaltung des Staates Israels im Gebiet der Golanhöhen“ gelten sollen – dieselbe Terminologie wie bei der israelischen Einverleibung Ostjerusalems, sie scheint auf eine Annexion im juristischen Sinne hinzudeuten. Allerdings sprach der damalige israelische Premierminister Menachem Begin bei der Verkündung davon, dass Israel über den Status der Golanhöhen verhandeln würde, sobald der syrische Präsident seine Bereitschaft über einen Friedensvertrag äußert.
Annexion?
Eine Annexion ist die gewaltsame dauerhafte Aneignung von fremden Staatsgebiet. Dabei ist es unerheblich, ob ein Staat das Gebiet im Zugriffe eines Angriffskriegs oder im Rahmen von Selbstverteidigungshandlungen unter seine Kontrolle gebracht hat.
Manche sehen im israelischen Gesetz von 1981 allerdings keine Annexion, sondern vielmehr eine Ausdehnung der Verwaltung, ohne das Gebiet als israelisches Staatsgebiet anzusehen. Eine Quasi-Annexion, aber eben keine Annexion. Dementsprechend hat Israel selbst auch nicht versucht, die Kontrolle über die Golanhöhe völkerrechtlich zu verteidigen. „Israeli law was applied by the Knesset to the Golan Heights on 14 December 1981“ heißt auf der Website des israelischen Außenministeriums in lapidaren Worten.
Auf internationaler Ebene ist Sicherheitsrats-Resolution 497 aus dem Jahr 1981 zu erwähnen, mit der das Gesetz zu den Golanhöhen als „null und nichtig“ bezeichnet wurde, gepaart mit der Aufforderung, es wieder aufzuheben beziehungsweise zurückzunehmen. Israel ist in jedem Fall dazu verpflichtet, die einschlägigen Regeln für Besatzungsmächte einzuhalten.
Trumpsche Anerkennung – von was genau?
Trump wird nun, nachdem er bereits Jerusalem als israelische Hauptstadt anerkannt hat (siehe hier und hier), auch die Souveränität über die Golanhöhen anerkennen. Völkerrechtlich darf er das nicht – jedenfalls dann nicht, wenn man von einer Annexion ausgeht.
Diese Verpflichtung geht auf die sogenannte Stimson-Doktrin zurück. Sie wurde nach dem damaligen US-Außenminister Henry Stimson benannt, der 1932 ausdrücklich erklärte, die japanische Invasion der Mandschurei und die Errichtung des Marionettenstaats Mandschukuo nicht anzuerkennen.
Auch wenn die daran anschließende US-Praxis (wie auch die anderer Staaten) nicht immer kohärent war, sind Annexionen und ihre Anerkennung jedenfalls seit dem Zweiten Weltkrieg unzweifelhaft verboten (dieses Gebot findet sich insbesondere in der Friendly Relations Declaration der UN-Generalversammlung, der Helsinki Schlussakte und Artikel 41 der ILC-Artikel zur Staatenverantwortlichkeit).
Ex iniura ius non oritur
Sofern die USA beziehungsweise Donald Trump (per Dekret) die Golanhöhen als Teil israelischen Staatsgebiets ansehen, würden sie damit also gegen das Völkerrecht verstoßen. Allerdings ist die Sache nicht unbedingt so klar. Vielmehr deutet bereits das erste Statement von Donald Trump darauf hin, dass sie in erster Linie die israelische Kontrolle anerkennen wollen. Georg Jellineks normative Kraft des Faktischen also. An der Rechtslage, also der juristischen Zugehörigkeit der Golanhöhen zu Syrien, würde eine Anerkennung aber in jedem Fall nichts ändern. Ex iniura ius non oritur: Aus Unrecht entsteht kein Recht.