Die Trump-Rede

Wenig Überraschendes bei der heutigen Rede von Donald Trump vor der UN-Generalversammlung. Außer dem Lachen im Saal, als er davon spricht, dass seine Administration mehr erreicht hat als die meisten ihrer Vorgänger.

1.) Trump hat wie letztes Jahr viel von Souveränität gesprochen. Und einmal mehr einen „klassischen“ beziehungsweise robusten Souveränitätsbegriff vertreten – Souveränität als Vorrecht, (gegebenenfalls) einseitig handeln zu können und als Abwehrrecht gegen jedwede Einmischung von außen. Ein Souveränitätsbegriff, der sich gegen die Primärstellung liberaler Demokratien im Sinne von Fukuyamas End of History-These wendet, indem er die souveräne Gleichheit aller Staaten ungeachtet ihrer Verfassung betont (entsprechend der Konzeption der Staatengemeinschaft, wie wir sie insbesondere aus der Friendly Relations-Declaration von 1970 kennen):

We are also standing up for our citizens and for peace loving people everywhere. We believe that when nations respect the rights of their neighbors and defend the interests of their people, they can better work together to secure the blessings of safety, prosperity, and peace. Each of us here today is the emissary of a distinct culture, a rich history, and a people bound together by ties of memory, tradition, and the values that make our homelands like nowhere else on Earth. That is why America will always choose independence and cooperation over global governance, and I honor the right of every nation in this room to pursue its own customs, beliefs and traditions. The United States will not tell you how to live, work, or worship. We only ask that you honor our sovereignty in return.

2.) Ebenso hat er einmal mehr verbal gegen den Iran geschossen. Im Vergleich zum Vorjahr ist das heuer ein wenig besorgniserregender, weil er mit John Bolton mittlerweile einen Hardliner zu seinem Sicherheitsberater gemacht hat, der in der Vergangenheit einen Erstschlag oder auch einen Regime Change im Iran gefordert hat.

3.) Boltons Handschrift war auch bei Trumps Äußerungen zum Internationalen Strafgerichtshof klar erkennbar. Bolton hat den ICC schon in seiner Zeit unter Bush immer wieder scharf attackiert, weil er unter anderem eine Verurteilung von US-Soldaten befürchtet hatte. Dass der ICC, wie Trump ausführt, nahezu universale Zuständigkeit hat und gegen alle rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätze verstößt, ist jedenfalls Humbug.

the United States will provide no support and recognition for the International Criminal Court. As far as we are concerned the ICC has no legitimacy or authority. The ICC claims near universal jurisdiction over the citizens of every country, violating all principles of justice, fairness and due process. We will never surrender America’s sovereignty to an unelected, unaccountable body. America is governed by Americans. We reject the ideology of globalism and accept the ideology of patriotism.

4.) Trump hat auf den Friedensprozess im Nahostkonflikt verwiesen. Das muss man als US-Präsident wohl tun. 25 Jahre nach den Osloer Friedensgesprächen scheint eine friedliche Beilegung, eventuell mit der Zwei-Staaten-Lösung, allerdings unrealistischer denn je. Mit der Verlegung der US-Botschaft hat er für viel Unmut gesorgt. Die Aufregung war groß, hätte aber durchaus größer sein können. Angesichts des Scheiterns seiner Vorgänger hat er hier eben recht viel Spielraum – frei nach dem Motto, dass es kaum noch schlechter geht.

5.) Die WTO, der Trade War und China. Schwierig. Trump geht jedenfalls nach wie vor von Weltwirtschaft als Nullsummenspiel aus, bei dem es nur Gewinner und Verlierer gibt. Allerdings hat er bei seiner Kritik am chinesischen Wirtschaftssystem nicht ganz Unrecht – in dem Punkt, dass die WTO und ihr Regelwerk nicht für eine derart große staatlich-gelenkte Wirtschaft geeignet sind, stimmen ihm so einige zu (siehe hier, hier in der Washington Post oder im Wall Street Journal).

For example, countries were admitted to the World Trade Organization that violate every single principle on which the organization is based while the United States and many of the nations played by the rules. These countries use government-run industrial planning and state-owned enterprises to rig the system. They engaged in relentless product dumping, forced technology transfer and the theft of intellectual property. The United States lost over 3 million manufacturing jobs and 60,000 factories after China joined the WTO. We have wrapped up $13 trillion in trade deficits over the last two decades. Those days are over. We will no longer tolerate it and we will not allow our workers to be victimized, our companies to be cheated, and our wealth to be plundered and transferred. America will never apologize for protecting its citizens. The United States has just announced tariffs on another $200 billion in Chinese made goods.

6.) In diesem Zusammenhang hat Trump auch wieder vom „principled realism“ (siehe dazu etwa hier) als Schlüssel zum Frieden gesprochen – ein Konzept, das offensichtlich von seinen Policy Advisern ausgetüfelt wurde und den konventionellen Realismus auf weltwirtschaftliche Fragen zuschneidet. Ob Trump selbst sich darüber im Klaren ist, was damit gemeint ist, kann man hinterfragen.

we will not be held hostage to old, discredited ideology and experts that have been proven wrong over the years. This is true, not only in matters of peace, but in matters of prosperity. We believe that trade must be fair and reciprocal. The United States will not be taken advantage of any longer. For decades, the United States opened its economy, the largest by far on Earth, with few conditions.

7.) Bleibt das Lachen im Saal, als er davon spricht, dass seien Administration mehr erreicht habe als die meisten ihrer Vorgänger. Wieso es dazu gekommen ist, kann ich natürlich nicht sagen. Hat man Trump tatsächlich ausgelacht? Ich wäre jedenfalls dabei vorsichtig, diese Interpretation unhinterfragt zu übernehmen. Man erinnere sich, dass Trump schon im Zuge seines Wahlkampfs immer wieder damit Politik gemacht hatte, dass die Welt über die USA lacht. Insofern könnte ihm das letzten Endes in die Hände spielen.

 

2 Kommentare zu „Die Trump-Rede

  1. Danke für den Bericht und die Deutungen.
    Wunsch: Mögen die USA zur Idee, Organisation und Unterstützung der Vereinten Nationen und ihrer Organsiationen zurück kehren und kooperativ handeln.
    Viele Grüße

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